Die Werkstattumfrage 2020 ist ausgewertet und ihre Resultate sind ab sofort verfügbar. Sie zeigen, dass der Schweizer Velofachhandel bei der Wirtschaftlichkeit der Service-Werkstatt einige bedeutende Fortschritte gemacht hat. Die neu erfassten Daten zum Personal-Notstand und insbesondere auch die ergänzende Erhebung zur Corona-Krise zeigen auf, dass noch viel Potenzial ungenutzt bleibt.
Nun haben wir also die Krise. Das Corona-Virus hat Gesellschaft und Wirtschaft durcheinander gewirbelt wie kein anderes Ereignis mehr seit dem Ende des zweiten Weltkriegs. Die längerfristigen Folgen der Pandemie sind noch nicht abschätzbar. Mit grosser Wahrscheinlichkeit werden sie uns noch mehrere Jahre beschäftigen. Das gilt nicht nur, aber auch für die Schweizer Velobranche.
Corona-Krise hebt den Stellenwert der Werkstatt
Im Vergleich zu anderen Handelsbranchen kam die Velobranche bisher noch gut weg. Die Werkstatt spielte dabei eine entscheidende Rolle. Sie wurde vom Bund als systemrelevant eingestuft und durfte deshalb auch während des Lockdowns offen bleiben. Nur dank der Werkstatt konnten stationäre Velogeschäfte somit vergleichsweise einfach den Kontakt zu ihren Kunden weiterpflegen und den Schaden für ihr Geschäft begrenzen. Der Velohandel tut also gut daran, die Werkstatt zu pflegen und dieses Geschäftsfeld weiter zu stärken.
Das Werkstatt-Geschäft kann mit gutem Gewissen als krisenfest bezeichnet werden.
Die beste Bestätigung dafür, erhalten viele Händler aktuell von ihren Kunden. Diese fragten Serviceleistungen auch während der Corona-Krise sehr rege nach. Das Werkstatt-Geschäft kann dadurch mit gutem Gewissen als krisenfest bezeichnet werden. Das gilt nicht nur während des Lockdowns, sondern mit grosser Wahrscheinlichkeit nun auch, wenn die Konjunktur sich wegen der Corona-Pandemie abkühlen sollte. Und es gilt auch, wenn das Verkaufsgeschäft des stationären Fachhandels nun als Folge der Krise noch stärker durch Onlinehändler unter Druck geraten sollte.
Eine wachsende Zahl der Schweizer Velogeschäfte hat den steigenden Stellenwert der Werkstatt bereits vor der Corona-Krise erkannt und Massnahmen ergriffen: Die Arbeitstarife wurden weiter erhöht und die Arbeitsabläufe modernisiert. Dass diese Massnahmen greifen, zeigt sich darin, dass auch eine wachsende Zahl von Velogeschäften in der Werkstatt Geld verdient.
Personal ist entscheidend für den weiteren Erfolg in der Werkstatt
Alles gut, alles richtig gemacht? Mitnichten. Denn erstens gibt es immer noch eine erschreckend grosse Zahl von Velogeschäften, die bisher kaum auf die Veränderungen des Markts reagiert hat und nun auch während der Corona-Krise ihr Potenzial nicht ausschöpften. Von diesen Geschäften gibt es noch so viele, dass sie in den Augen vieler Kunden die Velobranche als Ganzes verstaubt und passiv erscheinen lassen. Und zweitens hat die Velobranche bei weitem noch nicht alle Herausforderungen gelöst. Der chronische und weit verbreitete Mangel an Personal ist nicht nur kurzfristig ein Problem, sondern langfristig eine ernsthafte Bedrohung des Geschäftserfolgs. Wie soll die personalintensive Werkstatt gestärkt werden, wenn das qualifizierte Personal dafür fehlt? Damit wir morgen genügend gute Mitarbeitende im Service haben, müssen wir heute in qualifiziertes Fachpersonal investieren.
Die Berufsleute sollen Anerkennung und Respekt erhalten in ihrem Umfeld, wenn sie von ihrer Arbeit im Veloservice erzählen.
Aufwertung des Berufs ist angebracht
Höhere Löhne helfen dabei, aber sie sind kein Universalheilmittel gegen den Personalmangel. Damit sich junge Leute bei der Berufswahl und Quereinsteiger bei der Neuorientierung für eine Karriere in der Velowerkstatt entscheiden, muss der Beruf gesamthaft attraktiver werden: Es soll sexy sein, in der Velobranche zu arbeiten. Die Berufsleute sollen Anerkennung und Respekt erhalten in ihrem Umfeld, wenn sie von ihrer Arbeit im Veloservice erzählen. Sie sollen Sinn und Entwicklungsmöglichkeiten bei ihrer Arbeit sehen und schätzen. Vielleicht ist die Corona-Krise nun eine Chance, genau das zu erreichen. Es scheint, als würde die Gesellschaft gerade den Wert systemrelevanter Dienstleistungen neu erkennen und höher bewerten als bisher. Der Veloservice zur Sicherstellung der individuellen Mobilität gehört dazu. Die Voraussetzungen sind gegeben. Es liegt nun an uns, etwas daraus zu machen.