Die ganze Branche braucht profitable Werkstätten

Die Schweizer Velowerkstätten spüren die Nachwehen des Covid-Booms: Trotz höherer Nachfrage nach Reparaturen und Servicearbeiten kämpft der Handel in der Werkstatt mit der Rentabilität. Warum das die ganze Branche etwas angeht und auch für den Verkauf von Bedetung ist.

Eigentlich könnte es einfach gut sein. Seit dem Veloboom der Covid-Zeit brummen die Werkstätten des Schweizer Velofachhandels noch mehr als zuvor. Höhere Stundensätze spülen mehr Geld in die Kasse. Und sogar der Fachkräftemangel ist nicht mehr ganz so schlimm wie noch vor zwei Jahren.

Erwartungen zurückgeschraubt

Eigentlich? Eigentlich, weil trotz all dieser positiven Vorzeichen die Rentabilität der Werkstatt im Velofachhandel in den letzten Jahren zurückging. Bereits früher war es eine Herausforderung, in der Werkstatt Geld zu verdienen. Die Ergebnisse der vorliegenden Werkstattumfrage von dynaMot und 2rad Schweiz zeigen, dass dies nochmals schwieriger geworden ist. Es ist daher nicht überraschend, dass eine wachsende Anzahl von Velofachgeschäften ihre wirtschaftlichen Erwartungen an die Werkstatt zurückgenommen haben.

Keine Rendite, keine Freude

Diese Entwicklung ist gefährlich. Denn irgendwann verliert man die Lust, viel Zeit in eine Arbeit zu stecken, die sich nicht rechnet. Erst recht nicht, wenn der Verkauf harzt und die Erträge wegen Margenverlusten, Rabattschlachten und geringerer Ausgabefreudigkeit schrumpfen. Und wer die Lust an einer Arbeit verliert, vernachlässigt diese früher oder später bewusst oder unbewusst. Das Angebot wird nicht mehr gepflegt, Investitionen werden zurückgestellt und die Kundschaft wird nicht mehr engagiert bedient. Es droht eine Abwertung der Werkstatt, und damit eine Abwertung eines bedeutenden Alleinstellungsmerkmals. Denn mit nichts hebt sich der Velofachhandel so diskussionslos von Fachmärkten, Onlinehändlern und anderen Mitbewerbern ab als mit seiner Kompetenz in der Werkstatt.

Organisation hat Luft nach oben

Darum lohnt es sich, in die Rentabilität der Werkstatt zu investieren. Dafür braucht es nicht zwingend noch höhere Tarife: Die Werkstattumfrage zeigt, dass hohe Stundenansätze als Allheilmittel für die Rentabilität ausgedient haben. Viel mehr braucht es nun die Zeit und den Willen, genau hinzuschauen und Dinge zu verändern. Denn die Arbeit in den Werkstätten des Velohandels ist nicht nur mehr und komplexer geworden. Die Werkstätten sind auch gewachsen. Dadurch arbeiten nicht mehr alle Angestellten täglich von Ladenöffnung bis Ladenschluss. Händler müssen daher Arbeitsabläufe und Aufgaben neu organisierten. Wer das nicht tut, läuft Gefahr, durch fehlende oder veraltete Prozesse Effizienz einzubüssen. Wenn dann noch Dienstleistungen verschenkt werden, wie es viele Händler gemäss eigenen Angaben in der Umfrage immer noch tun, dann überrascht die fehlende Rentabilität in der Werkstatt eigentlich nicht.

Produkte mit Werkstatt im Blick

Damit die Werkstätten künftig wieder rentabler arbeiten können, müssen sich aber nicht nur die Händler bewegen. Der Erfolg im After Sales Service hängt zu grossen Teilen auch von der Industrie ab. Über die Servicefreundlichkeit ihrer Produkte, lösungsorientierte Aftersales-Prozesse sowie verlässliche und schnelle Verfügbarkeit von Informationen und Ersatzteilen kann sie die Velofachgeschäfte in der Werkstatt entlasten. Komponentenhersteller und Velomarken sollten dies alleine schon aus eigenem Interesse pflegen. Denn nur so können sie auf lange Frist auch die Wertigkeit und das Preisniveau ihrer Produkte halten und rechtfertigen. So gesehen ist die Investition in die Rentabilität der Werkstätten des Velofachhandels auch eine Investition in das eigene Geschäft.

Wissen, wie Schweizer Velowerkstätten ticken